Kaleidoskop


Ausbildung und Studium gleichzeitig

Pendeln zwischen Hörsaal und Werkstatt

jacobi_03_web.jpgZwei parallele Ausbildungswege sind kein Spaziergang. Trotzdem ist die direkte Kombination aus Studium und Lehre immer mehr im Kommen. Denn die mehrjährige Doppelbelastung zahlt sich später aus. In anderen Ländern längst üblich – in Deutschland lange unmöglich: Studieren und gleichzeitig eine praxisorientierte Ausbildung machen. Inzwischen wird das sogenannte Verbundstudium immer beliebter.

Ein altes Vorurteil lautet: Wer von der Uni kommt, hat von der Praxis keine Ahnung. Aber in jeder Verallgemeinerung steckt bekanntlich immer ein bisschen Wahrheit. Das kann auch Sebastian Jacobi bestätigen. Der 26-Jährige hat gerade sein „Studium im Praxisverbund“ (StiP) hinter sich gebracht hat. „Das ist auf jeden Fall eine gute Möglichkeit, Theorie und Praxis mit sehr geringem Zeitaufwand zusammen zu bringen.“ Zuerst eine Ausbildung zu machen und danach noch zu studieren, das würde normalerweise richtig lange dauern.

THEORIE UND PRAXIS

In den viereinhalb Jahren hat Sebastian nun also auf einen Schlag sowohl eine Ausbildung zum Industriemechaniker als auch ein Maschinenbaustudium absolviert. Die Chancen auf dem Arbeitsmarkt, einen guten Job zu bekommen, sind natürlich entsprechend groß. Wobei sich Sebastian hier keine Gedanken zu machen brauchte, denn sein Unternehmen, der im Gesundheitssektor tätige Konzern B. Braun Melsungen AG, stellte ihm schon zu Beginn des „StiP“ eine unbefristete Übernahme in Aussicht.

KEIN ZUCKERSCHLECKEN

Dass der Weg zwischen Hörsaal und Ausbildungsstätte nicht gerade ein Zuckerschlecken ist, davon kann freilich auch Sebastian Jacobi ein Lied singen. Zusammen mit seinen drei „StiP“-Kollegen hat Jacobi in vielen Bereichen – im Vergleich zu den anderen Kommilitonen an der Uni in Kassel – erheblich mehr leisten und gleichzeitig woanders zurückstecken müssen. „Das ist schon ziemlich heftig“, erzählt Sebastian. „Während der Zeit an der Uni hatten wir erst mal ein Tagespensum wie alle „normalen“ Studenten auch, und dazu noch einige Semesterwochenstunden mehr, weil das Programm für uns zusätzlich gestrafft gewesen ist. Und so ein normaler Uni-Tag ging dann locker bis 16 Uhr, manchmal sogar bis 18 Uhr.“ Und während der betrieblichen Ausbildung haben die „StiPler“ täglich von morgens um sieben bis um halb vier nachmittags in der Ausbildungswerkstatt oder in den verschiedenen Fachabteilungen verbracht, um dort die verschiedenen betrieblichen Arbeits- und Geschäftsprozesse kennen zu lernen. Aber das ist noch längst nicht alles gewesen. Denn damit alle wichtigen Fähigkeiten vermittelt werden konnten, fand an zwei zusätzlichen Tagen in der Woche noch der Berufsschulunterricht statt – nach der Arbeit im Betrieb bis 19 Uhr. Klar, dass dann zu Hause noch jede Menge Zeit für das Üben und Lernen für Klausuren anfällt. Und während die anderen Studenten zwischen den Semestern Ferien machen, geht es in der vorlesungsfreien Zeit bei den StiPlern morgens ganz normal weiter zur Arbeit im Betrieb.


DREIMAL K

„Da braucht man eine gute Koordination, Konzentration und letztlich auch Kondition“, sagt Sebastian und gesteht: „Viele andere Bereiche fallen vorübergehend weg.“ Auf gut deutsch: Viel Freizeit hat man in den Jahren des Verbundstudiums nicht gerade. Aber jetzt, nach dem Ranklotzen der vergangenen Jahre, steht Sebastian mit zwei anerkannten Abschlüssen natürlich bestens da.

PRAXIS HILFT
Carsten Dücker hat denselben Weg bei Volkswagen gehen können. Trotz der hohen Anforderungen, der Doppelbelastung aus Studium und Berufsausbildung kann er das neuartige Konzept „nur empfehlen“. Unmittelbar nach dem Abitur hat sich Carsten für ein Stipendium beworben und hatte auf Anhieb Erfolg. In einer Gruppe mit acht weiteren angehenden Maschinenbau-Studenten begann für ihn schon vor dem ersten Semester die Praxis. Sieben Wochen im VW-Werk – drehen, fräsen, Werkstoffbearbeitung per Hand und mit Maschinen. „Als wir die erste Vorlesung hatten, konnte ich mit Begriffen wie Drehgeschwindigkeit, oder Vorschub schon etwas anfangen“, erinnert er sich. Das habe das Lernen an der Uni wesentlich erleichtert. Nach 51 Wochen Ausbildung bei VW und in der Berufsschule hatte der damals 22-Jährige bereits den Facharbeiterbrief als Industriemechaniker in der Tasche. Inzwischen ist Carsten 26 Jahre alt und ebenfalls mit dem Studium fertig. Als nächstes will er seine Doktorarbeit schreiben.

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