Tipps & Tricks


Arbeitszeugnis

ABC der Zeugnissprache

Männer und Frauen sprechen nicht die gleiche Sprache. Klar! Dafür gibt es mittlerweile ja sogar schon witzige Wörterbücher, die beim gegenseitigen Verstehen helfen. Mindestens genauso missverständlich kann es bei der Kommunikation zwischen Chef und Azubi werden. Und da können die Konsequenzen sogar noch heftiger sein. Azubi gibt eine kleine Übersetzungshilfe.

Alles fängt schon bei der Bewerbung an. Da steht dann etwas von Kreativität als wichtige Eigenschaft in der Ausschreibung der Ausbildungsstelle. Der Chef meint damit wahrscheinlich: „Bei uns herrscht keine Neun- bis Fünf-Uhr-Mentalität. Wir Kreativen arbeiten auch gerne spät und haben nichts gegen Überstunden.“ Der Bewerber hingegen denkt: „Jetzt verfasse ich mal ein ganz besonderes Anschreiben, handschriftlich und mit selbst gezeichneten Cartoons.“ Oder er zerschneidet seine Bewerbung und schickt sie als Puzzle los mit der Aufforderung: „Bauen Sie sich Ihren Mitarbeiter!“

FEHLER SCHON BEI DER BEWERBUNG
Daneben! Meistens zumindest. Was sonst also kann man tun, um sich zu profilieren? Vielleicht ein bisschen den eigenen Lebenslauf aufhübschen. Voll daneben! Was bei vielen Bewerbern mittlerweile als ein Kavaliersdelikt gilt, kann harte Konsequenzen haben. Manche Arbeitgeber checken selbst die Angaben, etwa durch einen Anruf beim angeblichen Praktikumsplatz. Vielleicht gibt ja sogar der ehemals beste Freund, dem man den „cleveren“ Trick beim Bier erzählt hatte, dem Chef zwei Jahre später einen Tipp, nachdem man dem Kumpel die Freundin ausgespannt hat. Dann ist man seinen Job los – auch noch mehr als acht Jahre nach dem Betrug, wie jüngst Gerichtsurteile wieder bestätigt haben. Wenn keine unserer konventionellen und ehrlichen Bewerbungen auf einen Ausbildungsplatz zum Erfolg führt bleibt ja noch die Initiativbewerbung. Das steht so in jedem Ratgeber für Jobsuchende. Dem Arbeitgeber wird so das eigene Rieseninteresse an seinem Unternehmen gezeigt, steht da. Kann auch funktionieren. Meistens aber nicht. Bei den Personalern vor allem großer Firmen stapeln sich Wäschekörbe von Initiativbewerbungen. In der Regel wissen Unternehmen ziemlich genau wie viele Leute sie wirklich brauchen. Und auch dann flattert häufig wieder der Brief mit der Absage ins Haus. Darin steht, was für ein toller Hecht man ist und wie sehr sich das Unternehmen für einen interessiert. Nur leider kriegt fast jeder genauso so eine standardisierte Absage. Auch wenn darin steht, dass man sich bestimmt bald wieder meldet: Darauf sollte man nicht zählen.

ZEUGNISSPRACHE
Bei der großen Mehrheit der Lehrstellensucher klappt es aber doch früher oder später. Und dann ist irgendwann auch die Zeit gekommen für das Zeugnis. Spätestens hier gehen das Sprachverständnis von Otto Normalbürger und dem Menschen aus der Personalabteilung getrennte Wege. In der Schule war ein „Gut“ ein „Gut“, ein „Mangelhaft“ war ein „Mangelhaft“. Nicht so im Arbeitszeugnis.

KEINE SCHLECHTEN ARBEITSZEUGNISSE ERLAUBT

„Die übertragenen Arbeiten wurden zu unserer Zufriedenheit erledigt“, heißt es da. Nicht schlecht? Weit gefehlt, das entspricht nach Schulnoten gerade mal einer „4“. Keine allzu gute Voraussetzung für die Bewerbung um den nächsten Job. Gesetze und Mustergerichtsurteile verpflichten den Arbeitgeber mehr oder weniger dazu, eindeutig erkennbare negative Aussagen über den Beschäftigten herauszulassen. War einer wirklich schlecht, darf der Chef das also so nicht schreiben. Stattdessen werden Formulierungen wie „Sie/er hat sich bemüht, die übertragenen Arbeiten zu unserer Zufriedenheit zu erledigen“ oder „Unseren Erwartungen wurde entsprochen“ gewählt. Das ist eine glatte „6“. Um etwas richtig Positives zu sagen, muss man andersherum die deutsche Sprache schon ordentlich verbiegen. „Die übertragenen Arbeiten wurden stets zu unserer vollsten Zufriedenheit erledigt“, steht dann da, obwohl es das Wort „vollste“ gar nicht gibt. Aber egal, der nächste Personaler weiß was gemeint und ist sicher gerne bereit den 1er-Bewerber einzustellen.

Man sollte auch darauf schauen, ob sich im Zeugnis nicht Formulierungen verstecken, die durch eine Aus- oder Weglassung etwas ausdrücken. Beispiel: „Frau K. zeigte ein einwandfreies Verhalten gegenüber den Kollegen.“ Hier fehlt das „stets“, dadurch ist es nicht so positiv. Viel entscheidender ist aber, dass Vorgesetze nicht genannt sind. Das deutet wahrscheinlich an, dass Frau K. sich mit ihnen nicht so korrekt verhielt. ¦

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Diskussion

Ein Kommentar zu “Arbeitszeugnis”

Eine Antwort zu “Arbeitszeugnis”

  1. Melanie sagt:

    Das ist ja eigentlich total verrückt, dass man nichts negatives in das Arbeitszeugnis schreiben darf. Hat man den Kodex der „Geheimsprache“ erst einmal vorliegen, versteht es doch eh jeder, was darin steht. Hab mir mal ein paar Beispiele auf nem Arbeitsrecht Blog rausgesucht, welche Formulierungen was bedeuten bzw. wie man im Arbeitszeugnis zwischen den Zeilen liest. Da sind wirklich ein paar Auslegungen bei, die ich nicht erwartet hätte. Z.B. „…mit Interesse bei der Sache…“ = „er hat nichts geleistet“ oder „…toleranter Mitarbeiter…“ = „er ist kompliziert zu führen“. Am schlimmsten fand ich aber: „…um Einfühlungsvermögen für die Belange der Belegschaft gekümmert…“ = „er hat Interesse an weiblichen Kollegen“… Na, ob das immer so angemessen ist, so eine Formulierung zu verwenden? Und generell find ich: Wenn jemand schlecht war oder sich nicht immer korrekt verhalten hat (zumindest was die Arbeit betrifft), ist es doch auch in Ordnung, wenn das in einem Zeugnis steht. Vielleicht ist das dann ein sogenannter „Tritt“, der einen motiviert, es in Zukunft besser zu machen und sich mehr zu engagieren?

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