Im Rahmen von Einstellungsverfahren sind Unternehmen bestrebt, sich von Bewerbern über die üblichen Befragungen bei Einstellungsgesprächen hinaus, durch Vorlage geeigneter Unterlagen, Untersuchungen und Tests ein möglichst aussagekräftiges Bild zu machen und führen deshalb vielfach umfangreiche Überprüfungen, sog. „Background Checks“ ihrer Bewerber durch.Die Gruppe der Auszubildenden bzw. Ausgebildeten sind dabei die in Deutschland am häufigsten mit Testverfahren konfrontierte Zielgruppe. Gefragt sind neben Auswahlseminaren und diversen Eignungstests auch medizinische oder psychologische Gutachten und sogar SCHUFA – Auskünfte. Der vorliegende Beitrag beleuchtet die diesbezüglichen Möglichkeiten sowie die rechtliche Zulässigkeit einzelner Maßnahmen und Verfahren.
TESTVERFAHREN UND EIGNUNGSUNTERSUCHUNGEN
In der Praxis werden bei der Bewerberauswahl in diversen Auswahltests zumeist sowohl die psychische als auch die physische Eignung eines Bewerbers überprüft.
Hierzu werden beispielsweise in Beurteilungssystemen (sog. Assessment-Center) Auswahlverfahren mit einer bestimmten Anzahl von Bewerbern durchgeführt. Inhalte eines Assessment – Centers können Diskussionen, Fallstudien, Vorträge, Tests, Interviews sowie Rollen-, Plan-, Entscheidungs- und Konfliktspiele sein. Die verschiedenen Verfahren können der Feststellung von Verhalten, Intelligenz, Belastbarkeit, Kenntnissen, Leistungs- und Konzentrationsvermögen dienen. Die Teilnehmer werden dabei in der Regel gleichzeitig von mehreren Prüfern beobachtet, bewertet und überwacht.
Diese in der Wirtschaft weit verbreiteten Personalauswahlverfahren sind allerdings nur insoweit zulässig, wie die Bewerber auf ihre Fähigkeiten und Eignung für den zu besetzenden Arbeitsplatz hin getestet werden. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sind dabei Untersuchungen, die zur Erfassung der Gesamtpersönlichkeit, ohne jeglichen Arbeitsplatzbezug vorgenommen werden nur in wenigen Ausnahmefällen zulässig. Auch reine Intelligenztests, mit denen lediglich der Intelligenzquotient ermittelt wird, sind ohne konkreten Bezug zum Arbeitsplatz regelmäßig unzulässig.
In der einschlägigen Fachliteratur wird daher verbreitet gefordert, dass der Arbeitgeber verpflichtet ist, den Bewerber über den Umfang und den Zweck eines Testverfahrens im Voraus zu informieren, insbesondere, wenn in dessen Rahmen auch die Durchführung von psychologischen Tests oder medizinischen Eignungsuntersuchungen beabsichtigt ist.
Psychologische Tests oder auch, die insbesondere im öffentlichen Dienst und Großbetrieben obligatorischen, werks- bzw. vertrauensärztliche Untersuchungen sind nach der herrschenden Meinung in der Literatur dabei nur zulässig, wenn sie von diplomierten Psychologen oder approbierten Ärzten durchgeführt werden, welche der ärztlichen Schweigepflicht unterliegen.
Weiterhin gilt es zu beachten, dass dem Arbeitgeber grundsätzlich nur das Gesamtergebnis einer Eignungsuntersuchung mitgeteilt, nicht jedoch die einzelnen Befunde weitergegeben werden dürfen. Der Arzt ist also nicht berechtigt, dem Arbeitgeber eine exakte Diagnose mitzuteilen.
Sofern ein psychologischer Eignungstest oder eine werks- beziehungsweise vertrauensärztliche Untersuchung vorgenommen werden soll, ist nach der Rechtsprechung des Bundesarbeits-gerichts zudem die ausdrückliche Einwilligung des Bewerbers (bei Minder-jährigen der gesetzlichen Vertreter) in den Eignungstest beziehungsweise die Untersuchung erforderlich. Zwar wird der Bewerber oftmals unter einem erheblichen tatsächlichen Druck zur Einwilligung stehen, da er bei einer Verweigerung der Einwilligung mit dem Ende des Bewerbungsverfahrens rechnen muss. Entscheidend ist jedoch: Die Tests und Untersuchungen können grundsätzlich nur auf freiwilliger Basis durchgeführt werden und sind nicht erzwingbar, d.h. es besteht keine Pflicht des Bewerbers zur Einwilligung in das eignungsdiagnostische Verfahren.
Ein sog. Drogenscreening oder ein Alkoholtest vor der Einstellung sind darüber hinaus selbst mit Einverständnis des Bewerbers rechtlich nur dann erlaubt, wenn mit der angestrebten Tätigkeit eine besondere Risikolage für den Beschäftigten oder Dritte verbunden ist (z.B. bei Piloten, Kraftfahrern, Bedienungspersonal von teuren Spezialmaschinen usw.) oder wenn der Arbeitgeber den begründeten Verdacht hat, dass der Bewerber alkohol- oder drogenabhängig ist.
Teilweise wird auch versucht mittels sog. graphologischer Gutachten aus der Handschrift eines Bewerbers Rückschlüsse auf dessen Persönlichkeitsstruktur zu ziehen. Nach der Rechtsprechung bedarf allerdings die Erstellung eines graphologischen Gutachtens z.B. auf der Grundlage eines handgeschriebenen Lebenslaufs wegen dem damit verbundenen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ebenfalls der vorherigen Einwilligung des Bewerbers. Fehlt eine solche zwingend erforderliche Einwilligung, kann der Bewerber die Vernichtung des Gutachtens verlangen und gegebenenfalls darüber hinaus auch noch Schadensersatzansprüche gegen das einstellende Unternehmen geltend machen.
Im Übrigen haben alle Bewerber, unabhängig davon, ob sie eingestellt oder abgelehnt werden ein Recht auf Einsichtnahme in das Ergebnis ihrer Tests. Außerdem können sie im Falle einer Ablehnung der Aufbewahrung ihrer Testergebnisse widersprechen bzw. deren Vernichtung oder Herausgabe verlangen.
ARBEITSZEUGNISSE UND AUSKÜNFTE VORHERIGER ARBEITGEBER
Die Vorlage von Arbeits- und Ausbildungszeugnissen bisheriger Arbeitgeber sind eine weitere wichtige Informationsquelle für einstellende Arbeitgeber. Allerdings sind Arbeitgeber bei der Informationsgewinnung nicht allein auf die Erhebung dieser typischen Bewerbungsunterlagen beschränkt, sondern dürfen sich nach der Rechtsprechung darüber hinaus bei einem legitimen Informationsinteresse auch beim vorherigen Arbeitgeber über das Verhalten, die berufliche Leistung sowie die fachliche Qualifikation des Bewerbers erkundigen. Diese Auskünfte dürfen nach der Rechtsprechung dabei grundsätzlich ohne und sogar gegen den Willen des Bewerbers eingeholt werden. Die Herausgabe des gesamten Inhaltes der Personalakte durch den ehemaligen Arbeitgeber ohne Wissen des Bewerbers an den nachfragenden (möglicherweise) zukünftigen Arbeitgeber wird indes als zu weit gehend erachtet und kann zu Schadensersatzansprüchen des Bewerbers gegenüber seinem ehemaligen Arbeitgeber wegen einer Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts führen.
SCHUFA-AUSKUNFT ÜBER DIE FINANZIELLE SITUATION
Um Erkenntnisse über die privaten, wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse eines Bewerbers zu erlangen, versuchen einige einstellende Unternehmen auch Einsicht in die, bei der SCHUFA (Schutzgemeinschaft für die allg. Kreditsicherung) über den Bewerber gespeicherten Informationen zu nehmen. Eine solche SCHUFA – Auskunft enthält Informationen über alle Geld- und Warenkreditverträge, die der Bewerber mit den Vertragspartnern der SCHUFA abgeschlossen hat. Nach den aktuellen Tätigkeitsfeldern der SCHUFA kann der Arbeitgeber gegenüber der SCHUFA allerdings selbst keine Auskunft über den einzelnen Bewerber verlangen. Ob der Arbeitgeber vom Bewerber die Vorlage einer sog. SCHUFA – Eigenauskunft verlangen kann, wird in der einschlägigen Fachliteratur äußerst kontrovers diskutiert und ist bislang durch die Rechtsprechung noch nicht abschließend geklärt. Unter Berücksichtigung des aktuell standardisierten Inhalts einer Eigenauskunft, der daraus resultierenden weiten Erkenntnisgewinnungs- und Informationsschöpfungsmöglichkeiten sowie des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Bewerbers ist davon auszugehen, dass die Arbeitsgerichte derzeit die Einforderung einer SCHUFA – Eigenauskunft für unzulässig halten werden, da der Bewerber faktisch gezwungen wird, seine privaten Lebensumstände und Lebensführung offen zu legen.
GOOGLE & CO. ALS KARRIERE-KILLER ?
Nicht zu vernachlässigen ist schließlich das Internet als Informationsgeber für den Arbeitgeber. Auf eigenen Homepages oder bei Netzwerken wie StudiVZ, Xing und Myspace werden Steckbriefe, Fotos und Videos von den Nutzern hinterlegt oder Internettagebücher geführt. Zwar kostet den Nutzer die Einrichtung eines Profils mit Foto oder eines Blogs häufig nur ein paar Mausklicks. Allerdings dürfen die Folgen eines solchen digitalen „Exhibitionismus“ nicht unterschätzt werden. Schließlich darf sich jeder registrieren – auch neugierige Personalchefs, die im Internet völlig legal persönliche, selbsteingestellte Informationen von Bewerbern recherchieren – und zumeist fündig werden: Ob dies nun Fotos von feuchtfröhlichen Urlauben, unbedachte Kommentare in Foren, politische Neigung oder Lücken in Lebensläufen sind. Das Internet steckt voller Informationen, von deren Existenz die Betroffenen oftmals gar nichts ahnen. Inzwischen gibt es sogar spezielle Software, welche die Personaler bei Ihrer Suche unterstützt und die Profile in den diversen sozialen Netzwerken auswertet. Auf diese Weise erforschte Spuren aus dem Internet können die erstrebte Karriere scheitern lassen. Zwar lassen sich bestimmte Profile leicht wieder entfernen, doch die digitale Vergangenheit ist hartnäckig. Es gilt zu beachten, dass gelöscht nicht gleich „weg“ bedeutet. Selbst wenn ein Eintrag im Original bereits gelöscht wurde, kann dieser z.B. im Google-Cache (Zwischenspeicher) mitunter noch wochenlang abrufbar sein. Es kann daher Bewerbern nur empfohlen werden, Wert auf Ihr „Web-Image“ zu legen und dieses sorgfältig zu pflegen und bei Gelegenheit zu kontrollieren, um unliebsame Überraschungen bei der Job- oder Ausbildungsplatzsuche zu vermeiden. ¦
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MARX Rechtsanwälte
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