Recht


Nach der Ausbildung ist vor …

… der tatsächlichen Weiterarbeit im Anschluss an die Ausbildung?

… der Übernahme in ein befristetes/unbefristetes Arbeitsverhältnis?

… der vertraglich vereinbarten Verpflichtung zur Weiterarbeit?

… der Arbeitslosigkeit?

rechtsanwaltDer vorliegende Beitrag beleuchtet die Voraussetzungen für eine mögliche Weiterbeschäftigung nach dem Ende eines Ausbildungsverhältnisses. Außerdem werden die rechtlichen Folgen einer Beendigung des Ausbildungsverhältnisses für den Auszubildenden erörtert.

Ende des Berufsausbildungsverhältnisses
Ein Berufsausbildungsverhältnis stellt im Rechtssinne ein befristetes Vertragsverhältnis dar, welches – außer durch Kündigung – grundsätzlich durch Zeitablauf der vereinbarten Ausbildungszeit (reguläre Beendigung) oder durch vorzeitiges Bestehen der Abschlussprüfung endet.

In anerkannten Ausbildungsberufen wird dabei stets im Ausbildungsvertrag, die in den einschlägigen Ausbildungsverordnungen vorgesehene Ausbildungszeit vereinbart werden. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist außerdem die Abschlussprüfung regelmäßig dann bestanden, wenn das Prüfungsverfahren abgeschlossen und das positive Ergebnis der Prüfung bekannt gegeben worden ist. Demzufolge bedarf es zu einer regulären Beendigung des Ausbildungsverhältnisses keiner besonderen Vereinbarung, Erklärung oder Kündigung des Ausbildungsvertrages. Das Ausbildungsverhältnis endet vielmehr automatisch an dem Tag der bestandenen Abschlussprüfung (mit Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses) oder an dem Datum, welches im Ausbildungsvertrag vereinbart wurde.

Das Ende des Berufausbildungsverhältnisses tritt auch ohne bestandene Abschlussprüfung ein. Soll die Ausbildung z.B. wegen einer nichtbestandenen Prüfung fortgesetzt werden, bedarf es eines besonderen (Verlängerungs-) Verlangungsantrages seitens des Auszubildenden.

Nach Ende des Berufsausbildungsverhältnisses besteht im Übrigen – auch bei erfolgreicher Abschlussprüfung – grundsätzlich KEIN Anspruch des Auszubildenden gegen den Ausbildenden auf eine Weiterbeschäftigung bzw. Übernahme in ein Arbeitsverhältnis. Somit steht es dem Arbeitgeber grundsätzlich frei, ob er einen Auszubildenden nach Beendigung des Ausbildungsverhältnisses in ein Arbeitsverhältnis übernimmt oder nicht.

Umgekehrt kann selbstverständlich auch der Ausbildende seinerseits den Auszubildenden nicht gegen seinen Willen zum Eintritt in ein Arbeitsverhältnis in seinem Betrieb zwingen.

Tatsächliche Weiterarbeit im Anschluss an eine Ausbildung
Etwas anderes gilt allerdings dann, wenn der Auszubildende nach dem Ende seiner Ausbildung von seinem Ausbildenden tatsächlich weiterbeschäftigt wird, ohne dass es vorher zu einer ausdrücklichen schriftlichen Vereinbarung zwischen den beiden Parteien gekommen ist. In diesem Fall wird aufgrund der gesetzlichen Regelung in Paragraf 24 des Berufsbildungsgesetzes ein sogenanntes unbefristetes Arbeitsverhältnis begründet.

Dies hat nach Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Folge, dass der ehemalige Auszubildende und jetzige Arbeitnehmer Anspruch auf die volle Facharbeitervergütung hat und zumindest bis zum nächstzulässigen Kündigungstermin im Betrieb weiterbeschäftigt werden kann. Ferner kann dem Auszubildenden im Einzelfall unmittelbar ab Aufnahme des Arbeitsverhältnisses der volle Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz zustehen.

Übernahme von Jugend- und Ausbildungsvertretung
Besonderheiten gelten zudem für Auszubildende, die Mitglied der betrieblichen Jugendvertretung oder des Betriebsrats sind. Da das Berufsbildungsverhältnis ein befris-tetes Vertragsverhältnis ist, das ohne Kündigung endet, würde an sich diese betriebsverfassungsrechtliche Funktion mit Bestehen der Abschlussprüfung oder der im Ausbildungsvertrag vorgesehenen Ausbildungszeit enden. Aufgrund der Kontinuität der Arbeit der Betriebsverfassungsorgane einerseits und des Schutzes der Auszubildenden andererseits, unterstellt die Regelung in Paragraf 78a Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) jedoch Mitglieder von Betriebsverfassungsorganen einem besonderen Schutz.

Auszubildende, die Mitglied der Jugendvertretung oder des Betriebsrats sind, müssen daher gemäß Paragraf 78a BetrVG nach Beendigung der Ausbildung im Betrieb weiterbeschäftigt werden, wenn sie vor Ende der Ausbildung einen entsprechenden Antrag auf Übernahme stellen.

Übernahmeverpflichtung nach Tarifvertrag
Darüber hinaus enthalten eine Vielzahl von Tarifverträgen z.B. in der Metall- und Elektroindustrie oder in der Druckindustrie, eine Verpflichtung des Ausbildungsbetriebes, Auszubildende nach erfolgreicher Abschluss-prüfung für einen bestimmten Mindestzeitraum in ein Arbeitsverhältnis zu übernehmen.

Diese tariflichen Regelungen haben den Zweck, dem Auszubildenden die Möglichkeit zu eröffnen, seine in der Ausbildung erworbenen Kenntnisse in der Praxis einzusetzen und  die auf dem Arbeitsmarkt dringend benötig-te Berufspraxis zu erwerben.

In einer aktuellen Entscheidung hat das Bundesarbeitsgericht sogar festgestellt, dass in dem Mindestzeitraum, in welchem der Auszubildende übernommen werden muss, der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis mit dem Ausgebildeten nicht ordentlich kündigen kann, da es sich in diesen Fällen um einen sogenannten tarifvertraglichen Kündigungsausschluss handelt.

Einzelvertragliche Übernahmeverpflichtung
Zudem ist es möglich eine Weiterbeschäftigung bzw. Übernahme in ein Arbeitsverhältnis im Anschluss an eine Ausbildung einzelvertraglich zwischen Ausbildendem und Auszubildendem zu vereinbaren. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass vertragliche Vereinbarungen, die den Auszubildenden für die Zeit nach Beendigung des Ausbildungsverhältnisses in seiner beruflichen Tätigkeit beschränken, nach § 12 Berufsbildungsgesetz unwirksam sind.

Ein Verstoß gegen dieses gesetzliche Verbot liegt insbesondere in sogenannten Weiterarbeitsklauseln, die sich in vielen Berufsausbildungsverträgen finden und nach welchen der Auszubildende drei Monate vor Beendigung des Ausbildungsverhältnisses dem Ausbildenden schriftlich mitteilen muss, wenn das Ausbildungsverhältnis NICHT in ein Arbeitsverhältnis übergehen soll. Eine solche Klausel ist nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts für den Auszubildenden unverbindlich, d.h. er kann sich auch ohne schriftliche Anzeige auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses berufen. Dagegen ist der Ausbildende in einem solchen Fall einseitig an die Vereinbarung gebunden.

Nach dem Berufsbildungsgesetz kann eine einzelvertragliche Übernahme- oder Weiterbeschäftigungsverpflichtung rechtswirksam erst innerhalb der letzten sechs Monate eines Berufsausbildungsverhältnisses vereinbart werden.

Befristetes Arbeitsverhältnis im Anschluss an eine Ausbildung
Darüber hinaus besteht grundsätzlich die Möglichkeit an das Berufsausbildungsverhältnis einen zeitlich befristeten Arbeitsvertrag anzuschließen und auf diese Weise dem Auszubildenden den Berufsstart zu erleichtern.

Fazit
Die rechtliche Situation nach der Beendigung eines Ausbildungsverhältnisses kann sowohl für den Auszubildenden als auch für den Ausbildenden mit vielen Stolpersteinen gepflastert sein. Bestehen Unsicherheiten und Zweifel, unter welchen Voraussetzungen ein Übernahme- oder Weiterbeschäftigungsanspruch eines Auszubildenden besteht, sollte ein im Arbeitsrecht versierter anwaltlicher Berater hinzugezogen werden. ¦

Korrespondenzadresse:
Rechtsanwalt Rainer M. Brandt
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht
SCHWARZ/DUFFNER Rechtsanwälte

Loßburger Straße 13
72250 Freudenstadt

Tel.: +49 (0) 7441 950940
Fax: +49 (0) 7441 95094-29
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