Recht


Kündigung wegen Beleidigung

Mehrere aktuelle Gerichtsentscheidungen von diesem Jahr beschäftigen sich mit Kündigungen, die wegen Beleidigung von Vorgesetzten oder Kollegen ausgesprochen wurden. Das ist an sich kein neues Thema, bekommt jedoch über die Nutzung von sozialen Netzwerken wie Facebook eine besondere Bedeutung.

Gerade in sozialen Netzwerken wähnen sich die Nutzer zu Unrecht in Sicherheit, ohne darüber nachzudenken, welche Personen und vor allem wie viele Personen die Äußerungen lesen können. Generell gilt, dass ein Auszubildender (genauso wie ein Arbeitnehmer) verpflichtet ist, die Rechte seines Ausbildungsbetriebs zu wahren und hierbei auch Rücksicht auf die Vorgesetzten und Mitarbeiter zu nehmen. Gleiches gilt selbstverständlich auch umgekehrt. Beleidigungen verletzen diese Rechte.

Beleidigung führt leicht zur Kündigung
Auszubildende sollten mit Beleidigungen erst Recht aus dem Grund vorsichtig sein, da eine Kündigung des Ausbildungsverhältnisses nach Ablauf der Probezeit nach § 22 Berufsbildungsgesetz nur aus wichtigem Grund ausgesprochen werden kann. Wenn ein Ausbildungsbetrieb jemanden loswerden möchte, so bietet der Auszubildende bei Beleidigungen eine sehr gute Gelegenheit.

Ob eine Beleidigung im Einzelfall für eine Kündigung ausreicht, hängt von mehreren Faktoren ab. Berücksichtigt werden muss u.a. der betriebsübliche Umgangston (welcher zum Beispiel auf dem Bau anders ist, als in einer Bank), der Bildungsgrad des Auszubildenden, die konkrete Situation oder auch die Wortwahl. So kann zum Beispiel das Wort „Idiot“ noch unter Umständen nicht für eine Kündigung reichen, das Wort „Arschloch“ jedoch mit großer Sicherheit. Nur in wenigen Fällen können negative Äußerungen als Meinungsäußerung verstanden werden, was zulässig wäre. Das wäre in der Regel allenfalls bei normaler Kritik anzunehmen. Wichtig ist auch, ob die Beleidigung im vertraulichen Gespräch unter Arbeitskollegen erfolgte oder wie bei Facebook jedenfalls teilweise öffentlich.

Schriftlich wiegt schwerer als mündlich
Das Arbeitsgericht Duisburg hat zum Beispiel im September 2012 entschieden, dass eine Beleidigung auch dann zur Kündigung berechtigen kann, wenn der Eintrag nur für sogenannte Facebook-Freunde und Freundes-Freunde sichtbar ist. Nach Auffassung des Arbeitsgerichts kommt hinzu, dass eine schriftliche Äußerung (z.B. bei Facebook) schwerer wiegt, als eine mündliche Äußerung unter Arbeitskollegen.

Speckrollen und schlechter Sex
In dem Fall des Arbeitsgerichts Duisburg war die Kündigung im Ergebnis zwar unwirksam, da der Arbeitnehmer im Affekt handelte. An sich hätten die Äußerungen über Kollegen, wie zum Beispiel„Speckrollen“, „hattet ihr schlechten Sex“, „hat euch jemand ins Gehirn geschissen“ sowie „in den Arsch kriechen“ und „auf ein Klugscheißer tun“ ausgereicht, um das Arbeitsverhältnis fristlos zu beenden.

Das Landesarbeitsgericht Hamm hatte im Oktober 2012 entschieden, dass die Äußerungen eines 27-jährigen Auszubildenden auf Facebook über den Arbeitgeber, wie „Arbeitgeber: menschenschilderung & ausbeuter“, „Leibeigener ??Bochum“ und „daemliche scheisse fuer mindestlohn – 20 % erledigen“ für eine fristlose Kündigung ausreichen. In der 1. Instanz hatte der Auszubildende noch gewonnen, allerdings mit der Feststellung, dass er eine unreife Persönlichkeit habe.

Im Kreis der Freunde
Auch in der Entscheidung des Arbeitsgerichts Hagen von Mai 2012 ging es um Beleidigungen von Arbeitskollegen. Dort hatte ein Arbeitnehmer auf der Pinnwand seines Profils unter anderem geschrieben, „Habe mich über diesen scheiss (…) geärgert … Diesen kleinen scheisshaufen mache ich kaputt, werde mich beschweren über diesen wixxer … faules schwein … diese Drecksau.“ Hier hatte das Arbeitsgericht unter anderem berücksichtigt, dass andere Arbeitnehmer desselben Betriebs „Facebook-Freunde“ waren und sich die Beleidigungen so auch auf den Betrieb auswirken.

Ein Auszubildender kann auch dann eine Kündigung riskieren, wenn nicht er selbst die Beleidigung verfasst, sondern lediglich über den „Gefällt-mir-Button“ zustimmt. Über so einen Fall hatte das Arbeitsgericht Dessau-Roßlau zu entscheiden. Dort hatte der Ehemann einer Arbeitnehmerin über deren Chefs unter anderem geschrieben „Hab gerade mein Sparkassen-Schwein auf R.-T. getauft“ oder „Unser Fisch stinkt vom Kopf“. R. und T. waren die Namen der Vorstände des Arbeitgebers. Die Kündigung war in dem Fall allerdings deswegen nicht wirksam, weil der Arbeitgeber nicht nachweisen konnte, dass die Arbeitnehmerin den Button gedrückt hatte und nicht ihr Ehemann.

Gefahr trotz besonderem Schutz
Auch für schwangere Personen, die einen besonderen Kündigungsschutz haben, können Beleidigungen „nach hinten“ gehen. Die Äußerungen „Dummschwätzer“ oder auch „solche Penner“ reichen für sich allein genommen, in aller Regel für eine Kündigung. In den zugrunde liegenden Urteilen hatte das Gericht jedoch zugunsten der Arbeitnehmer berücksichtigt, dass die Äußerungen eine Reaktion auf einen aktuellen Streit waren.

Diese Schwierigkeiten sollten dadurch vermieden werden, dass weder der Chef, noch die Kollegen oder zum Beispiel auch Kunden beleidigt werden. Erst Recht nicht im Internet, wo solche Äußerungen von anderen gelesen werden können.

Philipp Hochstein
Rechtsanwalt
MARX Rechtsanwälte

Akademiestraße 38–40
76133 Karlsruhe
Tel: (0721) 869760
www.kanzlei-marx.de

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