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Azubi an der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule

Azubi Marc Kawig und Ausbildungsleiter Reinhold Held am Fußballkicker – eine Projektarbeit der Azubis. Foto: Edda NeitzWer seine Ausbildung an einer Universität beginnt, der tut das in der Regel als Student. Doch es geht auch anders. Auch eine Hochschule oder Universität ist ein Ausbildungsbetrieb. Viele Schulabgänger haben das oft nicht auf dem Schirm. Die RWTH (Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule ) in Aachen ist in der Region einer der grössten Ausbildungsbetriebe.

Wenn morgens um 8 Uhr Tausende junge Menschen auf dem weitläufigen Hochschulgelände am Rande der Aachener Innenstadt zu ihren Hörsälen, Laboren und Seminarräumen strömen, ist auch Marc Kawig dabei. Marc ist im zweiten Ausbildungsjahr, hat das Gymnasium nach der elften Klasse verlassen – er sei ein Praktiker, lautet seine kurze Erklärung – und macht nun eine Ausbildung zum Industriemechaniker. Von der Ausbildungsmöglichkeit an der Aachener Uni hat er über Bekannte erfahren. „Als ich dann noch vom Arbeitsamt eine Liste über Ausbildungsbetriebe bekam und die RWTH dabei war, habe ich mich beworben“, erzählt der 21-Jährige.

Mit (aktuell) 731 Ausbildungsplätzen in 26 verschiedenen Ausbildungsberufen steht die RWTH nicht nur an der Spitze der regionalen Ausbildungsbetriebe, sondern ist bundesweit die technische Hochschule mit den meisten Ausbildungsplätzen. An der TU Darmstadt – beispielsweise – werden 200 und an der TU Berlin 170 Ausbildungsplätze angeboten. „Als technische Hochschule überwiegen bei uns die technischen Ausbildungsberufe“, sagt Petra Cohnen, Leiterin der Abteilung Berufsausbildung an der RWTH. Die Ausbildungen zum Industriemechaniker, Fachinformatiker und mathematisch-technischen Software-Entwickler (kurz MATSE genannt), der nur im Dualen Ausbildungsweg angeboten wird, sind die Spitzenreiter im Hinblick auf die Ausbildungsstellen.

Projektarbeit
Die Werkstatt, in der Marc seine Ausbildung macht, zählt zu einem der vier Berufsausbildungszentren (BAZ) der RWTH. „Hier erhalten die Azubis praktischen Unterricht und können ihr Wissen vertiefen“, erklärt Petra Cohnen. Marc arbeitet im Berufsausbildungszentrum „Mechanik“. „Wir haben hier unsere eigenen Projekte. Für die Prüfung kann ich vorher ein Übungsstück anfertigen. Diese Möglichkeit haben Azubis in den Betrieben meistens nicht“, erklärt er. Die meisten Azubis der RWTH arbeiten jedoch in den Werkstätten oder Laboren der Institute an Aufträgen von Wissenschaftlern und Studenten. Auf rund 150 Hochschuleinrichtungen verteilen sich die Azubis. Zur Vertiefung ihrer praktischen Fächer kommen diese Azubis wochenweise in eines der BAZ. Elektropneumatik, CNC-Technik, Hydraulik und allgemeine Pneumatik sind die Fächer, die beispielsweise auf dem Lehrplan stehen.

In den Werkstätten der verschiedenen Hochschuleinrichtungen stellen die Azubis kleine Motoren und Apparaturen her, die später etwa für Experimente verwendet werden. Und auch das gibt es: weil die RWTH einen Schwerpunkt im Maschinenbau hat und eine Studentengruppe sich seit 2010 jedes Jahr der Herausforderung stellt, mit einem elektrischen Rennwagen in Hockenheim dabei zu sein, werden in Marcs Werkstatt auch dafür Bauteile angefertigt. Berührungspunkte mit den Studierenden gibt es sonst kaum, auch wenn die Azubis die Mensa oder die Bibliothek ebenso nützen können. In einer Hochschule mit fast 40.000 Studenten und etwa 7.300 Mitarbeitern bleibt man in der eigenen Gruppe.

Breit angelegte Ausbildung
Azubi Marc Kawig und Elektronikerin Cora Blomberg in der Werkstatt an der Hochschule. Foto: Edda NeitzWer eine Ausbildung an der Uni macht, hat später gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt. „Ein großer Vorteil besteht darin, dass die Azubis eine breit angelegte Ausbildung erhalten, die nicht betriebsspezifisch ist“, sagt Petra Cohnen. Auch die umfangreiche interne Betriebsschulung kommt bei den Azubis gut an. Für die 21-jährige Cora Blomberg, die bereits ihre Ausbildung zur Elektronikerin für Geräte und Systeme an der RWTH abgeschlossen hat, war die interne Schulung wichtig. „Wenn ich in der regulären Berufsschule etwas nicht verstanden hatte, konnte ich dies in unserer Betriebschule nachfragen. Auch für die praktischen Arbeiten haben wir immer genügend Ansprechpartner, die wir fragen können“, zählt sie die Vorteile auf. Dagegen bleibt bei den Azubis in Produktionsbetrieben manchmal die eine oder andere Frage auf der Strecke, weil der Arbeitsalltag vom Tempo der Produktion geprägt ist.

In Coras Ausbildungsjahr waren 13 Azubis mit der gleichen Fachrichtung. „Mit fünf Mädchen waren wir eine starke Azubi-Mädchengruppe“ bemerkt sie schmunzelnd. Auch das große Azubi-Team sieht sie als einen besonderen Vorteil. Wenn man am Anfang der Ausbildung zum Elektroniker beispielsweise noch mit Parallel- und Reihenschaltung zu kämpfen hat, stehen einem noch genügend andere Azubis zur Verfügung, die man fragen kann.

Cora hat durch ihre Ausbildung an der Hochschule Lust auf ein Studium bekommen. Jetzt geht sie wieder auf die Schule, um ihr Abitur nachzuholen. Mit einem Teilzeitarbeitsvertrag bessert sie ihren Unterhalt auf und sammelt schon weitere berufliche Erfahrungen. An ihrer ehemaligen Ausbildungsstätte, dem BAZ für Elektrotechnik und Fachinformatik, betreut sie Azubis.

Darin besteht sicher kein Zweifel: eine Universität bietet Azubis viel Abwechslung. „Wir haben viele kleine Firmen in einer großen Firma“, umschreibt Petra Cohnen den großen Ausbildungsbetrieb RWTH. Doch macht sich auch bei diesem großen Betrieb der demografische Wandel bemerkbar und die Ausbildungsleiterin Petra Cohnen hofft, dass das Thema „Ausbildung an der Hochschule“ noch bekannter wird, sodass das Ausbildungsangebot auch weiterhin erhalten bleibt.

Foto: Edda Neitz

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