Vorlesungen, Hausarbeiten und Klausuren. Der Uni-Alltag ist anstrengend und bestimmt, nicht erst seit der Einführung der Bachelor- und Masterstudiengänge, oftmals den gesamten Tagesablauf der Studierenden. Für viele ist Sport da eine willkommene Abwechslung. Zum Kopf frei kriegen, zum Auspowern. Was aber, wenn man Sport als Leistungssport betreibt? Turniere, Trainingsplan und Kader-Termine sowie Vorlesungen, Klausuren und Seminare unter einen Hut bekommen will?
Kira Kattenbeck kennt diese Herausforderung. Sie studiert Psychologie an der Ruhruniversität Bochum und betreibt seit knapp fünf Jahren Badminton als Leistungssport. „Natürlich ist das ein sehr hoher Aufwand, gerade in den ersten Semestern. Da ist die Doppelbelastung noch ungewohnt. Aber die Uni ist ein sehr guter Ausgleich zum Sport.“ erzählt die 22-Jährige. Mittlerweile hat sich die Wahl-Mülheimerin an das Pensum gewöhnt und ihren Bachelor in der Regelstudienzeit erfolgreich abgeschlossen. Das nächste Ziel: Der Master in Psychologie soll in 6 Semestern geschafft sein – bei vollem Training.
Damit studierende Leistungssportlerinnen und Leistungssportler den Spagat zwischen Studium und Spitzensport bewältigen können, initiierte der Allgemeine Deutsche Hochschulsportverband (adh) 1999 mit verschiedenen Partnern das Projekt „Partnerhochschule des Spitzensports“. Das Ziel der derzeit rund 90 adh-Mitgliedshochschulen ist ein Verbundsystem zum Ausgleich spezifischer Nachteile der sportlichen Studierenden. „Angefangen von der Beratung bei speziellen Studienfragen, individuellen Studienzeitregelungen bis hin zur Verlegung von Studienprüfungen wird unterschiedlich auf individuelle Herausforderungen der dualen Karriere aus Sport und Studium reagiert.“ erklärt adh-Vorstandsvorsitzender Felix Arnold.
Auch die Ruhr-Universität Bochum ist Teil dieses Programms, und hat Kira „direkt vom ersten Semester an unterstützt.“ Dass ihre Wahl auf Bochum fiel, hatte auch mit der Kooperationsbereitschaft der Fakultät zu tun. An der Ruhr-Uni schätzt man sportliche Ambitionen und geht auf die Bedürfnisse studierender Leistungssportler ein. Der Campus hat eine eigene Beauftragte für Leistungssportler. Dennoch ist Disziplin gefragt. „Für mich gilt die ganz normale Studienordnung wie für alle Kommilitonen auch“. Die mehrfache Teilnehmerin der Deutschen Badminton Meisterschaften darf aber auf Verständnis hoffen, wenn sie Uni und Sport doch einmal nicht in Einklang bringen kann. Als die Statistikklausur mit der Deutschen Meisterschaft zusammenfällt, kann Kira am Turnier teilnehmen und darf zum offiziellen Nachschreibetermin. Damit das ohne Fehlversuch funktioniert, bekommt das Prüfungsamt eine Bestätigung des Deutschen Badminton Verbandes. Das das Badminton-Talent von solchen Regelungen profitiert, ist aber eine Ausnahme. Kira plant das Semester immer mit Blick auf ihre Trainingszeiten und hat bis heute erst diesen einen Klausurtermin verpasst.
Unterstützung kommt aber nicht nur von der Uni. „Die Kooperationspartner, in der Regel der adh, Hochschulen, Olympiastützpunkte, Studentenwerke und Fachverbände, ermöglichen den Studierenden, dass sie ihre akademische Ausbildung trotz der hohen zeitlichen Belastungen des Spitzensports erfolgreich absolvieren können“, erläutert adh-Vorstandsvorsitzende Felix Arnold. Auch am Trainingsstandort in Mülheim hat die Studentin Ansprechpartner. Die sogenannten Laufbahnberater begleiten Kira schon seit der Aufnahme in den nationalen Kader 2011 und helfen bei der Vereinbarkeit von Berufsausbildung und Sport.
Die Studentin absolviert wöchentlich neun Trainingseinheiten. Zweimal täglich zweieinhalb Stunden. Plus Aufwärmen. Dazwischen pendelt sie zur Uni nach Bochum. „Ich weiß, dass pro Tag bei mir schon sechs Stunden fürs Training weg sind, so dass ich mir dann die andere Zeit gut einteilen muss. Insbesondere zum Lernen.“ Wer bei diesem Programm noch studiert, braucht eine große Portion Motivation. „Leistungssport wird in einem Lebensabschnitt betrieben, in dem die Grundlagen für eine spätere berufliche Karriere gelegt werden“, weiß adh-Chef Felix Arnold. Um Spitzensport und berufliche Karriere unter einen Hut zu kriegen macht Kira Abstriche. Freie Wochenenden oder Ausschlafen? „Das normale Studentenleben haben wir Sportler halt nicht.“ Dennoch bereut sie die Entscheidung nicht. Wer vor einer ähnlichen Entscheidung steht, dem rät die Leistungssportlerin „sich bei der Entscheidung immer daran zu erinnern, was einem der Sport gegeben hat und wo man sportlich noch hin will.“ Kira weiß wo sie hin will. Und wir wissen: Sie hat nicht nur die Power, um ihre Ziele zu erreichen, sondern auch die passende Unterstützung.
Foto: Jahnke
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