Managen kann man nur ein Unternehmen und seine Projekte? Weit gefehlt: Auch ein Lebensraum wie der Wald braucht einen Manager, der sich umsichtig und nachhaltig um die Bedürfnisse der Pflanzen- und Tierwelt kümmert ebenso wie um die der Menschen. Diese Aufgabe übernimmt der Berufsjäger. Und hat dabei viel mehr Verantwortlichkeiten als „nur“ die Jagd.
Flinte schultern, Hut auf, Dackel an die Leine und raus in die Heide. Bernd Bahr muss lachen, wenn er mit dieser Vorstellung vom Arbeitsalltag eines Jägers konfrontiert wird. Damit habe der Beruf eher wenig zu tun. Er ist erster Vorsitzender des Bundesverbands Deutscher Berufsjäger und weiß: „Diese Ansicht ist viel zu eindimensional – unser Aufgabengebiet besteht bei Weitem nicht nur aus der Jagd.“ Sicherlich gehöre zu den Aufgaben, die Population von Wildtieren durch eine kontrollierte und nachhaltige Bejagung gesund zu halten.
Mehrere Berufe in einem
Ein Berufsjäger hat darüber hinaus aber viele weitere Verantwortlichkeiten, er vereint gewissermaßen mehrere Berufe in einem: Er arbeitet als Förster, der etwa Streuobstwiesen und Schutzhecken anlegt; als Landwirt, der sich um Wildackerflächen und -wiesen kümmert; als Tischler, der Hochsitze erstellt und wartet; und als Fleischer, der das erlegte Wild verwertet. „Der Beruf ist sehr abwechslungsreich“, betont Bahr, der 1991 seine Revierjagdmeisterprüfung abgelegt hat und seitdem auch ausbildet.
In der Ostendorf`schen Gutsverwaltung in Hontheim lernt gerade Christopher Häner in seinem dritten Ausbildungsjahr. „Ich habe am meisten Spaß daran, das Wild nach ökologischen Maßstäben zu bewirtschaften, Hochsitze zu bauen und das Wildbret küchenfertig aufzubereiten“, erzählt der 29-Jährige. An die Weiterverarbeitung des Fleisches sind nicht nur aus gesundheitlichen Gründen hohe hygienische Anforderungen geknüpft. „Aus meiner Sicht ist die Produktion von qualitativ hochwertigem Wildbret wesentlich, um die Akzeptanz für die Jagd in der Gesellschaft zu steigern“, steht für Häner fest.
Jagdschein, aber vor allem Eigeninitiative gefragt
Mit Tod und Töten sollte ein Berufsjäger zwangsläufig umgehen können. Da ist hilfreich, dass ein Interessent als Voraussetzungen für die Ausbildung die Jagdscheinprüfung bestanden und ein vierzehntägiges Praktikum im Betrieb absolviert haben muss. So gewinnt der Bewerber einen Einblick in die Realität des Berufs und auch der Ausbildungsbetrieb kann sich von ihm ein Bild machen. „Er sollte eine schnelle Auffassungsgabe und Interesse an den unterschiedlichen Aufgaben mitbringen“, so Ausbilder Bahr. „Und Eigeninitiative: Ein angehender Berufsjäger sollte notwendige Arbeiten sehen.“ Immerhin müssten die Auszubildenden nach drei Jahren einen Jagdbetrieb selbstständig führen können. „Ich arbeite eng mit dem Praktikanten zusammen, um seine Reaktion in Stresszeiten zu beobachten – denn Schnellschüsse sind im wahrsten Sinne des Wortes unangebracht“, ergänzt Marcus Steiner, Berufsjäger und Ausbilder im Jagdbetrieb Harting in Uchte. Beide Ausbilder stellen fest, dass sich auch immer mehr Frauen für den Beruf interessieren. Früher seien Jägerinnen selten gewesen, heute sei die Ausnahme, wenn in einer Berufsschulklasse keine Frau sitze. Mittlerweile würden sie etwa ein Fünftel ausmachen.
Im Wald konkurrieren verschiedene Bedürfnisse
Die dreijährige Ausbildung besteht aus zwei Praxisjahren in idealerweise zwei Betrieben, einem mit Hoch- und einem mit Niederwildrevier. Dem geht ein theoretisches Lehrjahr an einer Berufsfachschule voraus. Hier lernen angehende Berufsjäger wichtige Grundlagen zu Landwirtschaft und Waldbewirtschaftung, um sich um die Bedürfnisse des Waldes und seiner Bewohner kümmern zu können. Letzteres kann kniffliger sein, als es zunächst erscheinen mag. „Für einen Berufsjäger ist es eine besondere Herausforderung, mit den anderen Interessensgemeinschaften des ländlichen Raumes, also aus den Bereichen Naturschutz, Land- und Forstwirtschaft, so zusammenzuarbeiten, dass er allen Seiten gerecht wird“, erzählt Lars Beemelmans, Auszubildender im zweiten Lehrjahr.
Ein bunter Berufsalltag
Klar ist: Ein Berufsjäger verbringt einen Großteil der Zeit im Freien und eher weniger hinter dem Schreibtisch. Das beweist nicht zuletzt die lange Liste an vielfältigen Tätigkeiten, die Marcus Steiner aufzählt, wenn er nach der Bewirtschaftung seines Jagdbetriebs Harting gefragt wird: „Wir erhalten Biotope und legen sie an; wir begrenzen den Wildschaden, indem wir Wildschweine ‚scharf bejagen‘, wie sich das nennt, oder sie zum Beispiel durch Verstänkern von landwirtschaftlichen Flächen abhalten.“ Mit seinen Mitarbeitern organisiert und begleitet er außerdem Einzel- und Gesellschaftsjagden, erlegt Raubwild, wenn es dem Niederwild im Revier gefährlich wird. Dazu kommen die Zählung des Wildes, etwa Hasen im Frühjahr und Herbst, um zu entscheiden, ob der Zuwachs groß genug für eine Bejagung ist. Und seine Rettung: Tiere werden zum Beispiel durch Reflektoren von der Straße abgehalten oder vor dem Tod durch die Mähmaschine bewahrt.
Gefragter denn je
Die Arbeit mit und in der Natur bringt aber auch Schattenseiten mit sich. „Arbeitszeiten an Wochenenden und in der Nacht können schon ab und an mit Freizeitaktivitäten kollidieren“, ist Christopher Häner ehrlich. Gleichzeitig haben Berufsjäger auch einmal frei, wenn andere arbeiten, zum Beispiel unter der Woche. Und sie können aufsteigen – vom Revierjäger zum Revierjagdmeister und anschließend zum Revieroberjäger. Entwicklungsmöglichkeiten sind also vorhanden und die Einstellungschancen stehen sehr gut. Außerdem: Die Natur ist ständig im Wandel, und damit auch der Beruf. Landwirtschaftliche Monokulturen und Global Warming wirken sich auf Pflanzen und Tiere aus. Die Hasenpopulation sei laut Experte Bernd Bahr merklich zurückgegangen, die der Wildschweine habe sich dagegen nahezu verdreifacht. Deshalb ist er überzeugt: „Professionelles Handeln gerade im Umgang mit Wildtieren ist angezeigter denn je.“
Foto: Marcus Steiner
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